Die Urlesung: Burgtheater
„Obwohl 1985 kaum jemand mein Stück „Burgtheater“ gekannt hat (es wurde nur in Bonn uraufgeführt), habe ich meinen guten Namen in Österreich verloren.“ – Elfriede Jelinek ist inzwischen als Nobelpreisträgerin weltberühmt. „Burgtheater“ hingegen, ihre „Posse mit Gesang“ über nationale Selbstinszenierungen und wendig wandelbare Publikumslieblinge wie Paula Wessely, Attila und Paul Hörbiger kennt immer noch kaum jemand. 40 Jahre lang hatte Jelinek die Aufführungsrechte gesperrt.
Wenige Tage vor der überfälligen BURG-Premiere präsentiert das Ensemble von Milo Raus BURGTHEATER-Inszenierung nun in einer „Urlesung“ den gesamten Stücktext, eine Entdeckung.
Kaum jemals zog Elfriede Jelinek derart gnadenlos alle komödiantischen Register; nie davor und danach war sie etwa so nah an Sprachwitz und -gewalt von Ernst Jandl und der Wiener Gruppe, wenn ihre Kunstsprache Heurigen-Lieder, Wien-Film-Dialoge oder Burg-Klassiker wie „König Ottokars Glück und Ende“ bis zur Wiedererkennbarkeit verfremdet: „Drum ist der Österreicher sang und klank, / trägt seinen Fehl, trägt offen seine Greubeln. / Bekleidet nicht, läßt lieber sich besteigen. / Und was er tut, ist froher Wuts getan.“
Besetzung
BURGTHEATER
„Wenn man’s in Wien aufführt, wird’s sicher der größte Theaterskandal der Zweiten Republik!“ Als Elfriede Jelinek 1981 ihr damals jüngstes Stück, eine „böse Posse mit Gesang“, ankündigte, da ahnte nicht einmal sie, dass BURGTHEATER auch ohne die eigentlich geplante Premiere im Burgtheater ihren Ruf als „Nestbeschmutzerin“ begründen sollte. Eine berühmte Schauspielerfamilie, Geraunze und Geraune in mörderischer Kunstsprache: Für den Schweizer Regisseur und Wiener Festwochen-Intendanten Milo Rau, dem Jelinek nun exklusiv die Rechte für eine späte Burgtheater-Premiere einräumte, werden dies nur einige der Ausgangspunkte für ein größeres szenisches Panoptikum sein: Öffentlichkeit und Anpassung, Geschichte (der BURG, des Theaters und Europas), Faschismus und Verdrängung.